Von: Redaktion

Lesedauer: 5 Minuten

TITELTHEMA

Grünes Gas gegen Treib­haus­effekt

Grüner Wasserstoff ist ein Schlüsselelement für den Klimaschutz. Messer verfügt über viel Erfahrung in der Handhabung des umweltfreundlichen Gases. Von diesem Know-how profitieren nationale und internationale Initiativen für eine grüne Energiewirtschaft.

Wasserstoff (H₂) ist ein idealer Energieträger. Verbrennt man ihn in einer Turbine oder verbraucht ihn in einem industriellen Prozess, liefert er ähnlich viel Energie wie ein fossiler Brennstoff. Gemessen am Gewicht ist die Energiedichte von Wasserstoff sogar höher – etwa dreimal höher als Diesel oder Erdgas – denn er ist federleicht. Als Abgas entsteht nur harmloser Wasserdampf. In einer Brennstoffzelle lässt er sich mit hohem Wirkungsgrad zur Erzeugung von Strom nutzen. Künftig soll man ihn in großen Mengen im Erdgasnetz transportieren können. Vor allem aber lässt er sich durch Elektrolyse aus schlichtem Wasser gewinnen. Stammt der dabei verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen, spricht man von „grünem“, „sauberem“ beziehungsweise „erneuerbarem Wasserstoff“.

Doch grüner Wasserstoff ist heute in der Herstellung teuer, wie eine Dokumentation des deutschen Bundestages zeigt: 2019 kostete er in Deutschland rund drei- bis viermal so viel wie „grauer Wasserstoff“.

Grauer Wasserstoff ist aber teuer für das Klima und nicht nachhaltig. Er wird aus Erdgas gewonnen und verursacht wesentliche CO₂-Emissionen: Jährlich werden weltweit – hauptsächlich in Raffinerien, der chemischen Industrie, der Wärmebehandlung und der Lebensmittelindustrie – rund 120 Millionen Tonnen grauer Wasserstoff verbraucht. Diese Menge verursacht 830 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen, das entspricht 2,3 Prozent des gesamten CO₂-Ausstoßes.

Die EU hat sich kürzlich zum Ziel gesetzt, die CO₂-Emissionen in Europa bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken: das bisherige Ziel lag bei minus 40 Prozent. Grüner Wasserstoff bietet hier ein großes Potenzial.

Sinkende Kosten und technische Entwicklung

Schon heute sind erneuerbare Energieformen – vor allem Solar und Wind – mancherorts günstiger als die fossile Energie und werden daher von Investoren zunehmend bevorzugt. Überall dort, wo Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft reichlich vorhanden sind, liegen die Kosten des erneuerbaren Wasserstoffs schon jetzt deutlich niedriger als bei grauem Wasserstoff.

Daher werden die Kosten für grünes H₂ auch in Ländern wie Deutschland mittelfristig sinken. Zugleich werden die Preise für fossile Energieträger steigen, weil die CO₂-Emissionsrechte weniger und somit teurer werden. Der Einsatz von sauberem und entkarbonisierten Wasserstoff wird in vielen Ländern weltweit ausdrücklich gefördert oder begünstigt. Darüber hinaus werden Unternehmer zunehmend von Stakeholdern (Anspruchsgruppen) aufgefordert, auf die Klimabilanz ihrer Aktivitäten zu achten und ihre CO₂-Emissionen zu senken.

Die verfügbare Wasserstofftechnik kann derzeit – weder in der Elektrolyse noch in der Anwendungstechnik – den voraussichtlichen Bedarf decken. Um sie für den Einsatz in großem Maßstab fit zu machen, und zugleich die Capex-Intensität (Höhe der Investitionen) zu reduzieren, braucht es beträchtliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur. Die gute Nachricht ist: Weltweit engagieren sich immer mehr Staaten, Institutionen und Unternehmen für eine grüne Wasserstoffwirtschaft. Auch Messer ist in mehreren Initiativen engagiert. „Wir sind seit über 120 Jahren Spezialisten für die Gewinnung, Distribution und Anwendung von Gasen“, erklärt Tim Evison, bei Messer verantwortlich für den Bereich Wasserstoff. „Zudem war Messer bereits in den 1990er Jahren bei Entwicklungen zur Verwendung von Wasserstoff als Energieträger involviert. Daher kennen wir uns selbstverständlich mit der Handhabung von flüssigem und gasförmigem Wasserstoff aus.“

Umfassende Initiativen

Messer ist Teil der European Clean Hydrogen Alliance. Sie ist ein Verbund von Unternehmen und staatlichen sowie zivilen Institutionen. Ihre Arbeit soll wesentlich dazu beitragen, dass die EU ihr Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreicht. Bis 2030 soll in Europa eine Kapazität von 40 Gigawatt für die Elektrolyse entstehen, mit der bis zu vier Millionen Tonnen grüner Wasserstoff im Jahr erzeugt werden könnte. Darüber hinaus will die EU die nötige H₂-Infrastruktur schaffen, um das umweltfreundliche Gas besonders in der Industrie und im Bereich Mobilität großflächig zu nutzen.

In Deutschland ist Messer Teil einer Kooperation namens GET H2. Sie hat als erstes Teilprojekt den Aufbau einer lokalen Wasserstoffinfrastruktur in Angriff genommen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr und Wärme verbindet. Ein Reallabor in Lingen soll mit bis zu 100 MW Strom aus erneuerbaren Energien grünen Wasserstoff gewinnen und über eine Rohrleitung die Chemiebranche im Ruhrgebiet damit versorgen.

H₂-Praxis in Reallaboren

Im südbadischen Wyhlen ist Messer Partner eines weiteren Reallabor-Projekts. Das Wasserkraftwerk der Kleinstadt im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz betreibt bereits eine 1-MW-Elektrolyseanlage für grünen Wasserstoff, die nun im Rahmen des Projekts stark erweitert werden soll. Künftig soll eine komplette H₂-Infrastruktur entstehen, in der die lokale Energie- und Rohstoffversorgung der Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie auf Wasserstoffbasis verwirklicht werden soll. Messer beteiligt sich unter anderem an der Entwicklung der Verteilinfrastruktur,

sowie der Entwicklung von Vertriebskonzepten für grünen Wasserstoff an die Industrie und für die Mobilität.

„Grüner Wasserstoff ist ein hochwertiges Produkt, das Qualitätssicherung und Herkunftsnachweis erfordert, um einen entsprechenden Preis zu erzielen“, ergänzt Tim Evison. „Außerdem entsteht bei der Elektrolyse von Wasser auch grüner Sauerstoff als verkaufsfähiges Nebenprodukt mit einem positiven Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Bilanz. Das Handling, der Transport und der Vertrieb beider Gase gehört zu unserer Kernkompetenz.“

Grüner Wasserstoff ist ein hoch­wertiges Produkt, das Quali­täts­siche­rung und Herkunfts­nach­weis erfordert, um einen ent­spre­chenden Preis zu erzielen.

Tim Evison, bei Messer verantwortlich für den Bereich Wasserstoff

Sichere und zuverlässige Versorgung

Bei Messer weiß man außerdem, wie der Einsatz von grünem Wasserstoff Unternehmen helfen kann, ihre Ziele zu erreichen. Zum Beispiel der Betrieb von emissionsfreien Busflotten: In Kalifornien sorgt Messer dafür, dass H₂-getriebene Busse in vier Städten ihren Wasserstoffnachschub zuverlässig erhalten. Das gleiche gilt für die zahlreichen Gabelstapler bei einem großen Automobilhersteller in South Carolina, die ebenfalls mit Wasserstoff angetrieben werden.

Eine wichtige Komponente ist hier die Wasserstofftankstelle. Der Wasserstoff wird auf dem Fahrzeug in einem Druckbehälter mit bis zu 700 bar bevorratet. Auf einer Tankstelle wird entweder das tiefkalt, verflüssigte Gas auf hohem Druck gepumpt und dann gasförmig im Fahrzeug gespeichert oder,

wenn der Wasserstoff gasförmig an der Tankstelle gespeichert wird, kann dieser mit Hilfe eines Hochleistungskompressors in den Fahrzeugtank befördert werden. Alternativ lässt sich Wasserstoff auch an einem Metallhydrid chemisch sorbieren und speichern. Durch Erwärmung wird das Gas gelöst und baut den hohen Druck geräuschlos auf. Messer entwickelt in der Schweiz eine solche, neuartige H₂-Tankstelle, die erstmalig am Standort von Messer in Lenzburg zur Versorgung lokaler Taxis und Gabelstapler realisiert wird.

„Für eine grüne Wasserstoffwirtschaft wird viel Gase-Kompetenz gebraucht“, betont Tim Evison. „Mit der Entwicklung dieses Sektors wird auch der Beitrag von Messer stetig wachsen.“


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