TECHNIK

Entspannt Schweißen

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Entspannt Schweißen

Von Roland Steiner, Messer Austria

Schweißen an massiven Metall-Werkstücken kann starke Spannungen im Material verursachen. Vorwärmen verhindert Folgeschäden. Mit Sauerstoff kann man diesen Schritt enorm beschleunigen.

Bei Pototschnigg in Österreich geht es um Schwermetall: Bis zu acht Tonnen schwer und acht Meter lang sind die Teile, die das Maschinenbauunternehmen in St. Margarethen bearbeiten kann. Dazu gehören zum Beispiel Turbinenwellen für Kraftwerke, die mit Anbauteilen ausgerüstet oder überholt werden. Bei acht Meter Drehlänge fertigt Pototschnigg solche hochgenauen Wellen mit einer Rundlaufgenauigkeit von weniger als fünf Mikrometer. Bei Schweißarbeiten an solchen geschmiedeten Teilen gilt es, die Temperaturunterschiede im Griff zu behalten.

Gefahr von Aufhärtungen und Rissen Am Schweißpunkt wird das Metall bei ungefähr 1.700 Grad Celsius verflüssigt. Das massive Werkstück ist jedoch wesentlich kälter, so gibt es unweigerlich Spannungen im Material. Sind sie zu groß, können Risse entstehen. Außerdem kann es passieren, dass sich Schweißnaht und Grundmaterial nicht richtig verbinden, weil die Schweißkanten im kalten Werkstück nicht vollständig schmelzen. Bei zu schnellem Abkühlen wiederum kann es zu einer unerwünschten Aufhärtung kommen. Vor allem höherfeste Stähle erfordern beim Schweißen besondere Sorgfalt, damit ihre Zugfestigkeit nicht beeinträchtigt wird. Um die Temperaturdifferenzen zu mindern, werden die Werkstücke vor dem Schweißen daher auf 100 bis 300 Grad Celsius vorgewärmt. Das ist zwar immer noch deutlich kühler als die extremen Temperaturen am Schweißpunkt, doch warm genug, um das Gefälle entscheidend zu reduzieren. Das Vorwärmen verzögert auch die Abkühlung und verhindert Verbindungsfehler. Außerdem beugt es wasserstoffbedingten Rissen vor: Beim Schweißen kann Feuchtigkeit in den Schweißpunkt geraten. In der starken Hitze werden dann Wasserstoffatome freigesetzt und vom flüssigen Metall aufgenommen. Nach dem Abkühlen verliert der Stahl seine Wasserstofflöslichkeit. Bei Belastung beginnen die Wasserstoffatome im Material zu wandern. Wenn sie aufeinandertreffen, verbinden sie sich zu Molekülen – aus H wird H₂ – mit einem tausendfach größeren Volumen. Damit können sie Wasserstoffrisse verursachen. Durch das Vorwärmen bekommt das Gas die nötige Zeit, aus dem Material zu entweichen.

Drastisch verkürztes Vorwärmen In einem herkömmlichen Vorwärmofen kann es drei bis vier Stunden dauern, bis ein mehrere Tonnen schweres massives Bauteil aus Stahl die gewünschte Temperatur erreicht hat. Ein solcher Ofen wird mit Propan und Druckluft betrieben, seine Düsen funktionieren wie die schlichten Bunsenbrenner im Chemieunterricht. Die Metallurgen von Pototschnigg konsultierten Messer, wie das Vorwärmen beschleunigt und der Prozess effizienter gemacht werden könne. In Zusammenarbeit mit Messer Cutting Systems haben die Fachleute daraufhin in St. Margarethen eine Reihe von Tests mit verschiedenen Düsen und der Zufuhr von Sauerstoff durchgeführt. Aus den Versuchen ergab sich die optimale Brennerkonstellation mit gleichmäßig angeordneten Düsen. Statt Propan und Druckluft verbrennen diese ein Propan-Sauerstoffgemisch. Der Ofen wurde im Februar von Messer mit einem maßgeschneiderten Reihenbrenner mit dieser Technologie ausgerüstet. Damit sank die Anwärmzeit auf 30 bis 45 Minuten, was eine enorme Beschleunigung der Abläufe und eine viel effizientere Nutzung der Anlagen möglich macht.