Praxisnah

Kohlendioxid – Woher? – Wohin? Der Treibhauseffekt – Fiktion und Realität

gas aktuell Nr. 39, 1990

Foto: Etwa 750 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind in Pflanzen gespeichert, vor allem Tropenwälder tragen wesentlich zum CO₂-Haushalt der Erde bei.

Praxisnah

Kohlendioxid – Woher? – Wohin? Der Treibhauseffekt – Fiktion und Realität

gas aktuell Nr. 39, 1990

Foto: Etwa 750 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind in Pflanzen gespeichert, vor allem Tropenwälder tragen wesentlich zum CO₂-Haushalt der Erde bei.

Der Kohlenstoffdioxid-Gehalt der Luft ist unentbehrlich für das Leben auf der Erde. Sorgen bereitet allerdings der beobachtete Anstieg seit Beginn der Industrialisierung von 280 vpm auf 350 vpm. Wenn der bisherige Trend ­anhält, wird sich die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft bis zur Mitte des nächsten Jahrhunderts verdoppelt ­haben (350 vpm ≤ 0,035 %). Kohlendioxid bewirkt zusammen mit anderen Spurengasen in der Atmosphäre den sogenannten Treibhauseffekt. Eine Verdopplung der derzeitigen Konzentration hätte nach Vorhersage von Simulationsrechnungen eine Erwärmung der Erde zwischen 1,5 ºC und 4,5 ºC zur Folge. Dadurch bedingt, stiege der Meeresspiegel um 0,2 bis 1,7 m. In Expertenkreisen ist allerdings umstritten, ob die bisher entwickelten Computermodelle die Realität zutreffend ­beschreiben.

Die Kohlenstoff-Kreisläufe in der Natur

Der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre wird im wesentlichen durch zwei Kreisläufe bestimmt (siehe Abb. unten).

  • Durch einen biologischen Zyklus: Pflanzen setzen bei der Photosynthese Kohlendioxid in Zucker um. Bei der Atmung und beim Verwesen von Biomasse wird Kohlendioxid wieder freigesetzt.
  • Durch Absorption und Desorption von Kohlendioxid in den Weltmeeren: Die Ozeane spielen eine große Rolle im Kohlendioxid-Haushalt der Natur. Neuere Schätzungen gehen davon aus, daß nur etwa 1 bis 2 Prozent des gesamten Kohlendioxid-Vorkommens in der Atmosphäre enthalten sind.

Gewaltige Mengen sind im kalten Tiefenwasser der Meere gebunden. Jährlich werden dem natürlichen Kreislauf etwa 11 ­Gigatonnen Kohlendioxid durch Transport aus den Oberflächenschichten ins Tiefenwasser entzogen. Aufgrund der äußerst langsamen Durchmischung der Ozeane ist die Aufnahmefähigkeit für zusätzliches Kohlendioxid allerdings begrenzt. In der Abbildung unten ist zu beachten, daß sich die Zahlenangaben in Gigatonnen (für Reservoire) bzw. in Gigatonnen/Jahr (für die Flüsse) auf Kohlenstoff und nicht auf Kohlendioxid beziehen. Eine Tonne Kohlenstoff entspricht dabei etwa 3,7 Tonnen Kohlendioxid. Die Nettobilanz zeigt, daß gegenwärtig aufgrund anthropogener Emissionen der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre um ca. 7,5 bis 15 Gigatonnen pro Jahr ansteigt. 25 % davon werden allein durch das Vernichten der Tropenwälder verursacht, 75 % durch das Verbrennen fossiler Energieträger.

Globale Kohlenstoff-Flüsse und -Reservoire: Alle Zahlen in Milliarden Tonnen Kohlenstoff (eine Tonne Kohlenstoff entspricht 3,7 Tonnen CO₂)

Anthropogene Kohlendioxid-Emissionen

Der Mensch verursacht durch seinen Bedarf an Energie sowie Lebensraum und nicht zuletzt durch seine Atmung eine nicht unerhebliche Kohlendioxid-Emission. Am Verbrauch fossiler Brennstoffe sind die westlichen Industrieländer mit etwa 49 % und der Ostblock mit etwa 20 % beteiligt. Der Rest entfällt auf die sogenannte „Dritte Welt“. Im Mittel produziert weltweit jeder Mensch pro Jahr 4 Tonnen Kohlendioxid, allerdings mit sehr ungleicher regionaler Verteilung.

Industrielle Nutzung von Kohlendioxid

Kohlendioxid wird unter dem Handelsnamen „Kohlensäure“ vertrieben und industriell genutzt. Es entsteht als Koppelprodukt chemischer Prozesse („Prozeß­kohlensäure“) oder stammt aus natürlichen Gasquellen, die meist in Zusam­men­­hang mit der Wassergewinnung erschlossen werden (Anteil der Quellkohlensäure in der Bundesrepublik Deutschland ca. 45 %).

Die Anwendungen von Kohlendioxid sind sehr vielfältig, mit Schwerpunkten in der Lebensmitteltechnik, der Metallindustrie und der chemischen Industrie. Die von der Kohlendioxid-Industrie weltweit gewonnene Menge liegt bei ca. 5 Megatonnen im Jahr. Auf die Messer-Griesheim-Gruppe (MGI, KSW R. Buse, Distillers MG, SIAC, MAG) entfallen davon etwa 350.000 Tonnen pro Jahr. Das sind weniger als 0,0014 % der jährlich durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Menge.

Ursprungsregionen und Hauptverursacher von CO₂-Emissionen (Die Bundesrepublik Deutschland ist mit ca. 4 % an der globalen Emission beteiligt)

Treibhauseffekt durch Spurengase

Die Atmosphäre enthält eine Reihe von Spurengasen wie Kohlendioxid, Ozon, Lachgas, Methan, Ammoniak und halogenierte Kohlenwasserstoffe, die zum Wärmehaushalt der Erde beitragen. Sowohl Wasserdampf als auch diese Spurengase lassen das sichtbare Licht weitgehend ungehindert passieren, absorbieren ­jedoch die Rückstrahlung der Erdoberfläche im infraroten Bereich. Ohne diesen sogenannten „Treibhauseffekt“ wäre die Erde mit einer mittleren Oberflächentemperatur von minus 18 ºC, statt der tatsächlichen plus 15 ºC, unbewohnbar. Der Wasserdampf bestimmt mit seinen breiten Absorptionsbanden die Rückstrahlung der Erdoberfläche in den Weltraum. Wärmeabstrahlung ist nur in begrenzten Spektralbereichen, sogenannten Fenstern, möglich, in denen aber gerade die übrigen Spurengase absorbieren. Ein Konzentrationsanstieg dieser Gase schließt daher diese Fenster immer weiter. Die Absorptionswirkung von Spurengasen ist nicht zuletzt aus diesem Grund unterschiedlich groß. Verdoppelt man beispielsweise den Kohlendioxidgehalt der Luft von 300 auf 600 vpm, so werden nur 10 % der Wärmeabstrahlung zusätzlich zurückgehalten. Die gleiche Wirkung erzielt bereits eine Zusatzkonzentration von 9,3 vpm Methan oder 0,02 vpm des Fluorchlorkohlenwasserstoffs CFCI₃. Eine wichtige Vergleichsgröße zur Bewertung der Schädlichkeit eines Spurengases ist das sogenannte „Treibhaus­potential“. Diese Vergleichszahl ist ein Maß für die Absorptionswirkung eines Moleküls, das zusätzlich in die Atmosphäre gebracht wird. Methan, Lachgas, Ozon und halogenierte Kohlenwasserstoffe tragen heute schon die Hälfte zum sogenannten Zusatztreibhaus­effekt bei. Die Zuwachsrate wird zudem bei Methan dreimal so hoch geschätzt wie bei Kohlendioxid.


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