Gase-Schutz für additive Verfahren

Das 3D-Drucken mit Metall ist heute ein etabliertes Produktionsverfahren. Es erlaubt die individuelle Fertigung hochkomplexer Strukturen. Schutzgase spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die Fachsprache nennt das 3D-Drucken „additive Fertigung“, weil die Werkstücke durch Hinzufügen statt Abtragen von Material entstehen. Mit Kunststoffen geht das ziemlich einfach, dort ist das Verfahren sehr weit verbreitet. Die additive Verarbeitung metallischer Werkstoffe ist im Vergleich deutlich komplizierter und aufwendiger. Das beginnt schon beim Ausgangsmaterial. „Im Metall-3D werden unter anderem feine Pulver verwendet“, erklärt Dr. Dirk Kampffmeyer, Messer-Spezialist für Schweißen und additive Verfahren. „Sie müssen im Hinblick auf Legierung und Körnung sehr hohen Qualitätsansprüchen genügen, was entsprechend hochkarätige Technologien in der Herstellung erfordert.“

Pulverbett und Laserstrahl

Für den 3D-Druck wird aus dem körnigen Grundstoff ein Pulverbett bereitet. Wie beim Kunststoff wird das Material dort an bestimmten Stellen gezielt verflüssigt. Aus einer dünnen Schicht des Pulvers wird so die erste Schicht des Bauteils erschmolzen, indem man das Metall mit einem geführten Laser erhitzt. Anschließend wird die nächste Schicht Pulver aufgetragen, und auch diese wird entlang der Bauteilkonturen zum Schmelzen gebracht. So entsteht mittels „Powder Bed Fusion-L“ – das L steht für Laser – Schicht für Schicht das gewünschte Produkt.

Metallpulver eignen sich auch für ein anderes additives Verfahren: das Pulverspritzen, das große Ähnlichkeit mit dem Schweißen hat. Das Pulver wird hier von einem Trägergas in einen Laserkopf befördert, wo es mit einem Laserstrahl zusammentrifft und schmilzt. Vom Gasdruck getrieben, gelangt die Schmelze auf das Werkstück; durch die computergesteuerte Bewegung des Kopfes erhält sie die gewünschte Form. Vorhandene Bauteile lassen sich so auch ergänzen und verändern. Die Fachleute nennen diese Art der additiven Verfahren Direct Energy Deposition (DED). Neben der Variante DED-Laser gibt es auch die DED-arc, die einen Lichtbogen als Energiequelle nutzt.

Einfacher mit Draht

Allerdings gibt es zu den Metallpulvern noch eine Alternative. Es ist nämlich viel einfacher und kostengünstiger, statt Pulver einen Draht als Materiallieferant zu verwenden. Damit können nicht ganz so feine Strukturen hergestellt werden, doch für die meisten Produkte reichen die Ergebnisse des drahtförmigen Nachschubs aus. Für die besonders häufig verwendete Kombination von Draht und Lichtbogen gibt es einen eigenen Fachbegriff: Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM).

Die additiven Verfahren brauchen Zeit. Je nach Größe kann es Stunden oder Tage dauern, bis ein Bauteil fertig ist. „3D-Druck mit Metall drängt sich daher nicht für die Massenproduktion auf“, betont Dr. Kampffmeyer. „Wenn es aber um hochwertige Teile mit komplexer Geometrie geht, wird die Sache sehr interessant. Man kann zum Beispiel in einem Durchgang Turbinenschaufeln mit verschlungenen Kühlkanälen herstellen, die mit konventionellen Verfahren gar nicht möglich gewesen wären.“

Ersatzteil aus der Druckdatei

Tatsächlich gehört die Kraftwerkstechnik neben der Flugzeugindustrie zu den wichtigsten Einsatzgebieten der additiven Fertigung. Für letztere löst sie zudem ein grundlegendes Dilemma: Die Luftfahrtbehörden und Airlines schreiben den Herstellern vor, bestimmte Ersatzteile bis zu 30 Jahre vorzuhalten. Über eine solche Frist hat man von manchen unweigerlich zu viel, von anderen zu wenig produziert, was beides hohe Folgekosten verursacht. Für nicht-sicherheitsrelevante Teile genügt es nun, eine Druckdatei zu speichern. So kann man je nach Bedarf gezielt und zu geringen Kosten nachproduzieren. Das nutzen auch die Zughersteller, denn für die Bahn gelten ähnliche Regeln beim Vorhalten von Ersatzteilen.

Ein weiteres typisches Einsatzfeld für Metall-3D sind Profilformen für Lkw-Reifen. Zahlreiche Reifenhersteller setzen auf die flexible additive Fertigung, um die Schablonen auch für kleinere Produktserien kostengünstig herstellen zu können. Geradezu ideal ist das Verfahren für Erzeugnisse, die es per Definition nur einmal gibt. Dazu gehören zum Beispiel individuelle Implantate, etwa für Zahnersatz oder künstliche Gelenke, die exakt an die Anatomie der Patienten angepasst sind.

„Beim Schweißen zielt man in der Regel auf einen möglichst tiefen Einbrand, um eine sehr feste Anbindung zu schaffen. Bei den additiven Verfahren geht es im Gegenteil um möglichst filigrane Schichtung. Die Stellschrauben, um das eine oder andere zu erreichen, sind aber dieselben.”

Dr. Dirk Kampffmeyer, Spezialist für Schweißen und additive Verfahren bei Messer

Oxidation verhindern

Ob Pulver oder Draht, Laser oder Lichtbogen, in jedem Fall braucht das geschmolzene Metall Schutz vor atmosphärischen Einflüssen und besonders vor Oxidation. Auch darin ist die additive Fertigung dem Schweißen verwandt. „Beim Schweißen zielt man in der Regel auf einen möglichst tiefen Einbrand, um eine sehr feste Anbindung zu schaffen“, erklärt Dr. Kampffmeyer.

„Bei den additiven Verfahren geht es im Gegenteil um möglichst filigrane Schichtung. Die Stellschrauben, um das eine oder andere zu erreichen, sind aber dieselben. Das Know-how zu den Schweißverfahren, das wir über Jahrzehnte aufgebaut haben, können wir also auch für den 3D-Druck mit Metall nutzen.“ Messer bietet auf diesem Gebiet nicht nur Gasmischungen an, die perfekt zum jeweiligen Produktionsablauf passen, sondern unterstützt die Anwendenden auch umfassend bei der Optimierung ihrer Verfahren.

 

Seit mehr als 125 Jahren ist Messer als das heute weltweit größte Unternehmen für Industriegase, Medizingase, Spezialgase und Elektronikgase in Privatbesitz seinen Leitlinien für Sicherheit, Fokus auf Kunden und Mitarbeitende, gesellschaftliche Verantwortung, Nachhaltigkeit, Vertrauen und Respekt treu. Die Gases for Life und patentierten Gaseanwendungen von Messer sind für Umweltschutz, Klimaschutz, Dekarbonisierung und Innovation unersetzlich. 

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